Kapitel 17
Im Frühjahr wurde mir alles genommen, was ich als meinen Lebensinhalt erachtete. Ein einschneidendes Ereignis, das mir zum ersten Mal zeigte, wie sich Schmerz aufgrund von Verlust anfühlte. Es war mehr für mich als nur ein emotionales Drama, denn dies läutete eine Reise ein, die mich ans Ende der Welt führte …
In Wirklichkeit ist in der Welt der Erscheinungen alles vollkommen neutral. Darin gibt es nichts Bedeutsames, nichts, was einen höheren oder niedrigeren Stellenwert besitzt. Alles ist sich gleich. Das eine Leben, ohne Unterschiede. Doch das ändert sich, wenn da ein „Ich“ auftaucht und in seiner Abhängigkeit etwas als „Meins“ beansprucht.
Dinge und die ihnen zugewiesenen Umstände werden erst zu einem Problem, wenn der Verstand sie entsprechend einordnet. So kreieren Gedanken die persönliche Sichtweise, die sich nur allzu gerne einen dramatischen Verlauf wählt. Leid ist somit selbst verursacht. Einem illusionären Selbstbild wird vom Leidenden mehr Bedeutung beigemessen, als es tatsächlich innehat. Deshalb bewirkt persönliche Anhaftung Leid. Wenn wir an etwas festhalten, leben wir nicht aus einem befreiten Geist heraus, weil unser Bewusstsein von bestimmten Umständen, Gefühlen und Gedanken besetzt wird. Anhaftung wirkt wie ein Schleier vor dem Bewusstsein, der sich über die Wirklichkeit des unabhängigen Geistes legt. Die Bewusstheit erfährt sich darin als eingeschränkt, weil sie nicht mehr über die Grenzen des Interaktionsspiels hinaustreten kann. Über diese Abhängigkeit wird auch das Sichtfeld im Bewusstsein eingegrenzt, weil an illusorischen Dingen festgehalten wird, die im einen Feld scheinbar eine vordergründige Stellung einnehmen. Diese Projektion bildet vor dem klaren Hintergrund des Bewusstseinsfeldes eine Art „hypnotischen Nebel”, der die dahinterliegende Wirklichkeit nicht mehr erkennen lässt.
Ein vollkommen befreiter Geist, der an nichts festklammert, ist frei von Illusionen und persönlicher Anhaftung. Der Raum, in dem er sich reflektiert, ist reines Bewusstsein. Um wahren Reichtum zu besitzen, braucht es diese innerliche Leere eines „Ichs”, damit das unendliche Dasein als klare Bewusstheit in den leeren Raum einziehen kann. Dieses formlose „Sein” stellt zugleich die absolute Fülle dar, ein Ganzes zu sein, alles zu haben und sich zugleich mit allem verbunden zu fühlen. Die innerliche Leere ist die vollkommene Berührung des Unpersönlichen mit „Allem, was ist”. In dieser befreiten Betrachtung bleibt der Geist ungetrübt, als ein Teil des universellen Geistes, der alles als Einheit in einem einzigen Bewusstseinsraum erfährt. Die Natur des Geistes ist reines Gewahrsein und somit ohne Inhalt. Die eine vollkommen klare Bewusstseinsliebe, die alles Erschaffene als eine Symbiose ihrer selbst sieht, ohne sich davon zu unterscheiden oder darin etwas hervorzuheben. Sie ist eins mit der Quelle allen Erschaffens und somit zugleich mit „Allem, was ist”.
An bewegten Bildern im Flimmerkasten konnte mich nichts festhalten, aber da ich bislang nie Spielsachen bekommen hatte, konnte ein Ding mein Herz erobern und es für sich beanspruchen: Eine zottelige Fellnase. Als ich eine Teilpersönlichkeit mit eigenen Vorstellungen und mit einer innigen Vorliebe für dieses Kuscheltier entwickelte, begann mein erstes emotionales Drama. Der Plüsch-Teddy war tatsächlich das einzige Spielzeug, das ich je besaß. Daher liebte ich ihn über alles.
Eine stürmische Veränderung sollte den Kuschel-Bär aus meinem Leben reißen und die vertraute Wohnsituation gleich mit. Dazu kam es, als zwei Beamte an der Haustür klopften, die Mutter und ihren mexikanischen Freund suchten. Da beide nicht da waren, baten sie mich, ihnen auszurichten, dass die Polizei nach ihnen gefragt habe und später noch einmal vorbeikommen wolle. Kaum waren sie gegangen, trafen die beiden Vermissten schon ein. Als sie die Nachricht vernahmen, gerieten sie völlig aus dem Häuschen. Wie wild begannen sie, hin und her zu rennen, um alle persönlichen Sachen nach draußen zu schaffen und in einen Abfallcontainer im Quartier zu befördern.
Mit einem Schlag war ich wie aus allen Wolken gerissen und völlig schockiert, als mein plüschiger Freund an mir vorbei getragen wurde. Das Stofftier überragte mich um eine Kopflänge und wurde mir erst ein paar Tage zuvor von dem Mexikaner geschenkt. Alles Flehen, meinen zotteligen Kumpel behalten zu dürfen, half mir nicht. So musste ich zusehen, wie er oben auf den anderen Hausrat geworfen wurde. Mir brach es fast das Herz! In meinem ganzen Leben hatte ich noch nie geweint, aber jetzt lief mir das Herz über. Die Tränen konnte ich nur noch geradewegs herunter kullern lassen, so unendlich traurig war ich, meinen einzigen Gefährten zu verlieren. Klein wie ich war, konnte ich den Teddy nicht erreichen.
Ironischerweise lag er so da, als strecke es den Arm zum Hilferuf in die Luft. Alles Flehen und alle Versprechungen halfen mir aber nicht. Die Großen ließen sich dadurch nicht erweichen. Stattdessen beugte sich Mutter zu mir herab und erklärte, dass wir dort, wo wir hingingen, keine Sachen mitnehmen könnten.
Zügig wurden wir in ein rotes Auto geschubst, das uns in rasender Geschwindigkeit zum Flughafen bringen sollte. Tieftraurig warf ich noch einen letzten Blick zurück und sah, wie mein Teddy immer weiter in der Ferne verschwand – nach wie vor mit einer Pfote gen Himmel weisend, als würde er mir noch einmal zuwinken und viel Glück fürs Leben wünschen.
Erstaunlich, was für ein herzzerreißendes Gefühl ich empfand, als mein heiß geliebter Teddybär von mir gerissen wurde! Dieses Ding war der erste Gegenstand, den ich als etwas Persönliches erachtete und zu dem ich eine besondere Beziehung pflegte. Mein „Ich“ sah ihn nicht als Eigentum des All-Einen wie alle anderen Dinge. Das Stofftier gehörte ausschließlich mir, denn immerhin wurde mir dieser Kuschelfreund geschenkt! Aus diesem Grund nahm ich seinen Verlust als absolutes Drama wahr. Es war, als würde ein Teil von meinem „Ich“ getrennt. Ohne ihn fühlte ich mich unvollständig und verloren in dieser haltlosen Welt. Dieser Verlust bedeutete für mich kümmerliches Leid, weil er das Wichtigste in meinem Leben war. Es fühlte sich an, als würde auch gleich mein Wohlergehen fortgerissen. Doch all das fand nur in meinem Kopf statt und ein Erwachsener würde womöglich nur darüber schmunzeln.
Bestimmt kennst Du selber Anhaftungen an Dinge, die Dir etwas Persönliches suggerieren. Die Vorstellungswelt der Menschen ist voll davon! Lass uns aufdecken, was dieser Erfahrung zugrunde liegt, um Deinen Geist von dieser Abhängigkeit eines persönlichen „Ichs“ und seinem Festhalten zu befreien.
Anhaftung ist leicht zu erklären: Sie ist das Gegenteil von Loslassen. Wenn Du etwas verlierst, dann ist das Teil Deiner eigenen Illusion. Deshalb ist die Wirkung von Loslassen so wertvoll. Es befreit Dich vom „Besonderen“ und führt Dich aus jeder Abhängigkeit. Loslassen ist nicht gleichbedeutend mit Verlust, sondern bewirkt die geistige Freiheit, Dein Wesen als Ganzheit zu erleben, weil beim Loslassen jegliche Trennung entfällt. Somit liegt die beste Botschaft aller Zeiten im „Loslassen”. Nur wenn Du loslässt, bist Du wirklich ungebunden und frei. Ebenso bist Du empfänglich genug, Dich jederzeit auf das universelle Feld einzustimmen und auszurichten. Alles fällt Dir auf einmal leicht, weil Dich kein persönliches „Ich“ mehr an Dinge bindet und sich etwas eigenes oder anderes wünscht. Du bist eins im befreiten Geist.
Bevor wir loslegen, gehe jetzt schon davon aus, dass danach keine Anhaftung mehr existiert und Du davon völlig befreit sein wirst. Gib Dein Einverständnis dazu, dass Du danach nicht mehr in diese besondere Beziehung einsteigst, Dich damit nicht mehr gedanklich beschäftigst und Dich auch nicht mehr damit identifizierst. Diese Abhängigkeiten werden jetzt vollends aus Deinem Verstand getilgt. Loslassen ist leicht, weil Freiheit die Urnatur Deines Wesens ist! Fühle Dich in dieser lichtvollen Initialzündung und in der Freude beschwingt, genau jetzt aus der „Inhaftierung“ auszubrechen, um diese für immer hinter Dir zu lassen. Ohne Widerstand funktioniert das tatsächlich ganz mühelos. Du kannst alles Schwere darüber bereits zu Beginn fallen lassen, weil Du jetzt in Deinem ganzen Wesen bereit bist, in ein befreites Leben zu gehen! Du wirst sehen, es funktioniert tatsächlich ganz leicht!
Du kannst Dich jetzt von jeglichem Denken lösen. Du bist bereits die reine klare Bewusstheit, die sich im Spiegel Deiner Ganzheit betrachtet. Du kannst Dich selbst darin finden, indem Du aus der Vergangenheit aussteigst und ganz in die Gegenwart kommst. Du hast keine Probleme, außer in Deinem Verstand, den Du gerade jetzt abgelegt hast.
In Deinem Dasein gibt es auch kein Du mehr, keine Gegenständlichkeit außerhalb von Dir. Was Du gerade siehst, fühlst und wahrnimmst, ist Deine Ganzheit im unendlichen Meer Deines Bewusstseins. Du bist das Gewahrsein, das diese wunderschöne Leere wahrnimmt, befreit in Deinem Geist und voller Licht! Das ist alles, was Du gerade jetzt bist!
Überlasse alles, was Du noch empfindest, dem unendlichen Feld der Gegenwart. Du brauchst nur einen winzigen Moment, um es loszulassen. Dieser Bruchteil einer Sekunde schenkt Dir die beflügelnde Leichtigkeit, um in Deinem befreiten Geist aufzugehen. Ergreife dieses Gefühl von Freiheit und halte es in Deiner Präsenz fest. Lasse nicht zu, dass Dich ein tiefer liegendes Gefühl einholt und wieder absinken lässt. Empfinde diesen Funken himmlischen Glücks und lasse Dir offenbaren, dass darin noch viel mehr Leichtigkeit liegt.
Verleibe in dieser aufleuchtenden Leichtigkeit und lass es zu, noch mehr in das unendliche Meer Deines klaren Bewusstseins einzufließen. Empfinde das dadurch gewonnene Gefühl in Deinem wunderschönen Sein, das immer mehr in dieser beglückenden Erfahrung Deiner Wesensnatur aufblüht. Jetzt kannst Du für einen winzigen Moment erneut loslassen, was Dich noch zurückhält, Dich ganz in Deinem Wesen einzufinden. Ergreife das erhebende Gefühl, das daraus entsteht und halte es erneut fest. Du bist die Präsenz reiner Bewusstseinsliebe, wach und bereit, noch mehr in dieser Verklärung aufzugehen. Deine Präsenz hilft Dir, Dich noch mehr in dieses wunderschöne Gefühl der Leichtigkeit hinein zu entspannen.
Und jetzt kommt noch etwas Wundervolles hinzu! Es gibt etwas in Dir, das Dich bei Deiner Befreiung enorm unterstützen wird! Es ist der Aspekt Deines Wesens, der immer wach, bewusst und in seiner Klarheit steht. Schalte ihn einfach hinzu. Es reicht schon aus, von dieser wundervollen Unterstützung in Dir zu wissen. Weil Du es ohne ein Wort einfach in Deine Präsenz rufst, wird es sich wie von selbst einschalten und Dich von innen heraus weiter in den klaren Geist Deines Bewusstseins erheben. Dieser unvergängliche Aspekt Deines Lichtwesens ist für Dich da. Du brauchst es nicht einmal darum zu bitten. Es ist da, es war immer schon da, um Dir beizustehen.
Kannst Du fühlen, dass sich etwas in Dir bewegt, was Dir ein erweitertes Freiheitsgefühl schenkt? Halte das Gefühl, das genau jetzt, in dieser Sekunde in Dir auftaucht, mit Deinem ganzen Wesen aufrecht. Fühlst Du, wie Du plötzlich ungeahnte Kraft und Stabilität erhältst? Dein ganzes Wesen beginnt gerade, tatsächlich die Leichtigkeit Deines Seins zu adaptieren. Du kannst Dich einfach entspannen und Dich unendlich darüber freuen! Es führt Dich in seinen klaren Geist hinein, der immer voller Liebe und Freiheit ist. Merkst Du, nicht Du bist es, was diese Freude in Dir erzeugt. Ein universelles Lächeln taucht aus Deinem Inneren, aus dem Kern Deines Wesens auf, das sich in Deinem ganzen Menschsein ausbreitet. Betrachte mit diesem himmlischen Lächeln die Welt, ohne dieses wunderbare Empfinden zu verlieren oder etwas einzufügen. Alles, was jetzt passiert, geschieht aus sich selbst heraus, aus Deiner himmlischen Wesensnatur.
Fühlst Du noch einen kleinen Widerstand, irgendetwas, das Dich zurückhält, Dich der Losgelöstheit ganz und gar hinzugeben? Bei dieser Frage bemerkst Du jetzt wieder, wie ein erhöhtes Gefühl der Freude in Dir aufsteigt und das erhabene Gefühl, was bereits in Dir ist, noch vermehrt. Bleibe in dieser Erhabenheit. Was da noch sein mag, löst sich bereits von alleine auf. Du kannst Dich in dieser Sphäre des Glücks ganz entspannt tragen lassen. Halte dieses gesteigerte Niveau, das Dir gerade erneut geschenkt wurde, damit Du noch freier wirst. Es fühlt sich an, als würdest Du über eine Gefühls-Leiter immer weiter in Dir selbst emporgehoben. Genieße die Leichtigkeit Deines Seins, die in dieser Klarheit immer mehr aufgehen wird. Das bist Du! Und noch so viel mehr davon!
Was immer Du noch fühlst: Lasse – genau jetzt – alles auf einmal los. Dafür brauchst Du nur einen klitzekleinen Augenblick. Es bedarf dazu nur dieses einen Impulses; einfach, weil Du es willst. Fühlst Du, wie leicht es ist, loszulassen? Es braucht dazu keine Energie. Du musst weder wirklich etwas tun noch wirklich etwas loslassen. Es funktioniert ganz mühelos, aus sich selbst heraus, aus Deiner Wesensnatur, die absolute Freiheit ist. Was Du jetzt genießt, ist der geschenkte Moment Deiner einzigen Wirklichkeit. Leuchtet Dein Wesen schon? Fühlst Du die Liebe, die aus sich selbst in Dir aufsteigt und Dein wunderbares Menschsein erfüllt? Wenn Du noch nicht soweit bist, lass uns noch einmal alles in einem Impuls voll und ganz loslassen.
Komm! Atme tief ein und aus, ohne dabei den Gefühlszustand freizugeben, der Dich genau in dieses „Jetzt“ getragen hat. Du kannst Dich in dieses erhabene Befinden komplett hinein entspannen. Das bist Du! Davor musst Du keine Angst haben und ebenso wenig vor dem, was Du noch loslassen kannst. Du wirst dafür den ganzen Himmel in Dir geschenkt bekommen!
Liebstes Lichtkind, Du bist die Leichtigkeit des Seins – in der Quelle Deines Wesens angekommen. Du kannst jetzt in diesem Moment das letzte Überbleibsel fallen lassen, alles, was dem noch entgegensteht. Gut so, es passiert – in Leichtigkeit aus Dir selbst. Einfach so, weil Du bereits im Himmel bist. Atme in das gewonnene Freiheitsgefühl hinein und erfülle Dein ganzes Dasein mit dieser verklärten Herrlichkeit. In diese Erhebung Deines ganzen Menschseins kannst Du Dich weiter hinein entspannen. Du darfst Dir erlauben, darin völlig aufzugehen. Lass einfach zu, dass sich Dein ganzes Wesen in diesem Himmelreich ausdehnt. Jetzt kannst Du sogar Deinen Atem loslassen und Dein ganzes „Sein” vollständig dem Feld übergeben. Es gibt nichts mehr für Dich zu halten, einfach nur in diesen reinen Geist Deines klaren Bewusstseins übergehen.
Wenn der Geist Dir etwas wegnehmen will, lasse es mit Freude zu.
Falls er etwas hinzufügt, begrüße es mit all Deiner Liebe.
Das wird Dich mit ungeahnter Leichtigkeit erfüllen,
weil Du allezeit in der Liebe des Himmels bist.
Was Dich jetzt erfüllt, ist die Leichtigkeit Deines Seins. Du bist frei!
Deine Präsenz ist die klare Bewusstheit, völlig gegenwärtig zu sein.
Wenn Du jetzt aufstehst, nimm diese bezaubernde Schönheit mit.
Du bist das! Befreites Bewusstsein in Deinem wundervollen So-Sein.
Was Dich seligmachend entflammt:
«Das ewig brennende Feuer in Dir»
