Das goldene Feld war für mich stets zugänglich und alle meine Fähigkeiten hatten darin ihr Zuhause. Doch als wollte der Himmel mich noch mehr beschenken, wurde mir ein Idyll in den Bergen beschert, das meinem inneren Ort des immerwährenden Friedens einen vollendeten äußeren Rahmen gab. Den Anlass dazu lieferte die neue Aufgabe meiner Mutter, Kühe über den Sommer auf einer Alm zu hirten. Für mich als Zweijährige tat sich plötzlich eine neue Welt auf. Zum ersten Mal konnte ich die „Schönheit Welt“ in ihrer vollen Pracht genießen. In der menschenleeren Gegend gab es nur ein Steinhaus und eine Aussicht, die jegliche Entbehrung der Zivilisation vergessen ließ. Beeindruckt bestaunte ich die Rinder, die mir so riesig erschienen, als ich zu ihnen aufblickte. Was für eine Begeisterung es war, auch die winzigen Insekten zu meinen Füßen zu beobachten! Ganz bewusst betrachtete ich die Tierwesen und genoss es, die unzähligen Lebensformen in allen Größen und Variationen zu entdecken. Noch war mir nicht klar, dass diese beweglichen Figuren ein eigenständiges Leben mit eigener Identität besaßen. Für mich schien alles Sichtbare einschließlich aller Menschen aus einem einzigen, unsichtbaren Ozean aufzutauchen, in welchem alle Erscheinungen ohne Entstehungsprozess einfach gegeben waren und sich nicht von ihrer Ur-Substanz unterschieden. Es war, als ob die Welt und alle darin befindlichen Objekte als Projektion im Raum in Erscheinung traten und wieder in der Ur-Substanz verschwanden, als ob sie aus einem einzigen „Einheitsbrei“ geschaffen wären. Aus der Perspektive, dass alle Dinge unter sich gleich sind, gab es nichts Besonderes, was die Aufmerksamkeit länger als ein paar Minuten in überwältigendem Staunen fesseln konnte. Kurzerhand kehrte ich dieser Beobachtung den Rücken und suchte mir eine gemütliche Ecke im Haus, wo ich mich auf dem Boden niederließ.
An dieser Stelle verbrachte ich den ganzen Sommer in tiefster Versenkung. Keine Verlockung konnten mich genug davon überzeugen, auch mal vor die Hütte zu treten. Trotz des zauberhaften Anblicks von Flora und Fauna zog nichts meine Aufmerksamkeit so sehr auf sich, wie der Ruf der stillen Einkehr. Ja, ich war ein eigentümliches Kind. Für mich gab es nichts Interessanteres, als mich an einen Ort zurückzuziehen und mich mit geschlossenen Augen nach innen zu wenden. Buchstäblich konnte ich Stunden, Tage, Wochen, sogar Monate in dieser bewegungslosen Versenkung sitzen. Da ich nie sprach, es sei denn, ich wurde explizit angesprochen, bezeugte Stille meine Anwesenheit. Genügsam wie ich war, tauchte in mir nie das Bedürfnis auf, etwas zu wollen oder jemanden zu behelligen. Die äußeren Dinge interessierten mich weder noch suchte ich darin nach Zerstreuung oder Aufmerksamkeit. Man hörte mich nie weinen oder um etwas bitten. Auch beschäftigte ich mich mit keinerlei Handlungen, selbst spielen sah man mich nicht. Es war gerade so, als würden alle Bedürfnisse allein aus meinem Inneren und aus dem universellen Feld gestillt. Meine ganze Liebe galt diesem unsichtbaren Partikel-Kosmos, dem ich jede Minute meines Daseins widmete. Im Grunde genommen interessierte ich mich nur für das „Eine Feld“. Jede Sekunde meines Lebens wollte ich einzig und allein in diesem wunderschönen Zustand, in der „Ursuppe allen Lebens” verbringen und in dieser einen Substanz mit meinem ganzen Wesen aufgehen.
Der beginnende Durchbruch in das kosmische Feld unterstützte die Isolation, die mir den Zugang zum unsichtbaren Mysterium erst ermöglichte. Mit vollster Hingabe widmete ich mich dem Übergeordneten, um zuerst das Feld in mir selbst zu finden und es danach zu öffnen, damit es in meiner gegenwärtigen Dimension wirksam werden konnte. Mit dieser Aufgabe betraut, verbrachte ich so meine ganze Kindheit. Die beiden Erscheinungswelten im Gleichgewicht zu halten, erforderte ein zurückgezogenes und asketisches Leben, um das himmlische Gewahrsein auf Erden zu etablieren.