In den ersten drei Tagen nach unserer Ankunft auf der Insel tauchte ich tief in den Schöpfungsraum ein. Die kleine Sandmulde erwies sich als der perfekte Platz, um mich dem himmlischen Prinzip vollends zu übergeben. Dazwischen pendelte ich noch ohne irgendwelche Bedürfnisse zwischen innerer Versenkung und der Strandbude hin und her, da die mexikanische Mama Leone uns verköstigte. Zu gefühlten Essenszeiten tauchte stets meine Schwester auf, rief mich so aus der inneren Versenkung und begleitete mich. Am Sonntagabend wirkte unsere Strandwirtin sichtlich angespannt. Die Nacht brach bereits herein und niemand tauchte auf, um die Rechnung zu begleichen. Sie vermittelte eindeutig, dass wir an ihrem Tisch nicht mehr willkommen waren.
Da ich es gewohnt war, ohne Nahrung auszukommen, empfand ich es als himmlische Einladung, mich in vollem Vertrauen dem Schöpfungsplan zu überlassen und vollends der tiefen Einkehr hinzugeben. Die Ewigkeit strahlte über der Sandmulde aus, obgleich mein Verweilen im Feld nach meinem Gefühl nur einen Moment dauerte. Die Zeit verlor sich im Raum und dehnte sich zugleich bis in die Unendlichkeit aus. Ein Gewahrsein außerhalb aller Formen, eine Erfahrung, die nur in der Gegenwart des „Jetzt“ stattfand. Von allen Dimensionen befreit, löste sich selbst die Insel mit allem darauf befindlichen Leben auf.
Mein ganzes Wesen empfand eine Gewissheit, meinen Erhalt dem größeren Ganzen vollständig zu übergeben. Zugleich zeigte ich mich bereit, mit meinem ganzen Menschsein in dieses Vertrauen einzukehren, ja, sogar mein Leben dafür hinzugeben. Mit einem geradezu heroischen Gefühl blieb ich von da an in der Sandmulde, um ohne Unterbrechung in der inneren Präsenz zu verweilen, bis sich etwas anderes ergeben würde. Nur wenige Male legte ich mich gelegentlich zum Schlafen hin. Dann blieb jedoch ein Teil von mir stets wach, um die innere Verbundenheit zum „Großen Ganzen“ aufrecht zu erhalten.
Tatsächlich trat ich nicht mehr aus dem Zustand der Versenkung heraus. Tag und Nacht verharrte ich im Schneidersitz, ohne zwischendurch die Beine zu strecken oder die Augen zu öffnen. Nur ein einziges Mal zogen meine Finger belanglose Furchen im Sand. Nach wenigen Strichen kam mir die Handlung allerdings so unbedeutend vor, dass ich innehielt und mich entschied, jegliche weitere Tätigkeit fallen zu lassen. Da draußen gab es eindeutig nichts mehr für mich, wo mich doch der Himmel im Inneren mit einer Überfülle in die Arme nahm. Ungerührt vom Leben gab ich mich ein weiteres Mal vollständig dieser vollkommenen Instanz hin.
Eigentlich passierte in mir nichts Spektakuläres. Auch mein „Ich“ erhielt keinerlei Form von „Belohnung“ für seine unerschütterliche Hingabe. Im Gegenteil, ihm wurde alles vollständig genommen. Trotzdem wusste mein Wesen, dass in dieser vollkommenen Leere die absolute Fülle lag. Ohne diese auf irgendeine Art anzustreben, fühlte ich mich dennoch durch das Leer-Sein vollkommen erfüllt. Die Einkehr in der ewigen Stille empfand ich immer wieder gleich. Alle Definitionen meines „Seins“ verschwanden einfach in eine Nicht-Existenz. Im ersten Moment des Entschwindens empfing mich ein Raum unendlicher Schwärze. Dies geschah mit einer Tiefe, als würde eine riesige, kosmische Hand einen universellen Lichtschalter drücken und dadurch in einem einzigen Augenblick das irdische Licht mit allem, was es zeigte, auslöschen. Übrig blieb nur das „Absolute Nichts“ und nicht mal ein Gewahrsein davon, weil es darin kein „Ich“ mehr gab. Niemand, der etwas bezeugen oder beobachten konnte, da einfach nichts in dieser absoluten Leere existierte. Mein ganzes Wesen wurde darin vollständig ausgelöscht. Trotzdem gab es für mich nichts Schöneres, als dieses Undefinierbare im Zustand von Samadhi zu erfahren.